Reineke Fuchs - Goethe Johann Wolfgang - Страница 28
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Zwolfter Gesang
Als der Konig Reineken sah, wie dieser am Kreise
Glatt geschoren sich zeigte, mit Ol und schlupfrigem Fette
Uber und uber gesalbt, da lacht' er uber die Ma?en.
Fuchs! wer lehrte dich das? so rief er: mag man doch billig
Reineke Fuchs dich hei?en, du bist bestandig der Lose!
Allerorten kennst du ein Loch und wei?t dir zu helfen.
Reineke neigte sich tief vor dem Konige, neigte besonders
Vor der Konigin sich und kam mit mutigen Sprungen
In den Kreis. Da hatte der Wolf mit seinen Verwandten
Schon sich gefunden; sie wunschten dem Fuchs ein schmahliches Ende;
Manches zornige Wort und manche Drohung vernahm er.
Aber Lynx und Lupardus, die Warter des Kreises, sie brachten
Nun die Heilgen hervor, und beide Kampfer beschworen,
Wolf und Fuchs, mit Bedacht die zu behauptende Sache.
Isegrim schwur mit heftigen Worten und drohenden Blicken:
Reineke sei ein Verrater, ein Dieb, ein Morder und aller
Missetat schuldig, er sei auf Gewalt und Ehbruch betreten,
Falsch in jeglicher Sache; das gelte Leben um Leben!
Reineke schwur zur Stelle dagegen: er seie sich keiner
Dieser Verbrechen bewu?t, und Isegrim luge wie immer,
Schwore falsch wie gewohnlich, doch soll' es ihm nimmer gelingen,
Seine Luge zur Wahrheit zu machen, am wenigsten diesmal.
Und es sagten die Warter des Kreises: Ein jeglicher tue,
Was er schuldig zu tun ist! das Recht wird bald sich ergeben.
Gro? und klein verlie?en den Kreis, die beiden alleine
Drin zu verschlie?en. Geschwind begann die Affin zu flustern:
Merket, was ich Euch sagte, verge?t nicht, dem Rate zu folgen!
Reineke sagte heiter darauf: Die gute Vermahnung
Macht mich mutiger gehn. Getrost! ich werde der Kuhnheit
Und der List auch jetzt nicht vergessen, durch die ich aus manchen
Gro?ern Gefahren entronnen, worein ich ofters geraten,
Wenn ich mir dieses und jenes geholt, was bis jetzt nicht bezahlt ist,
Und mein Leben kuhnlich gewagt. Wie sollt ich nicht jetzo
Gegen den Bosewicht stehen? Ich hoff, ihn gewi?lich zu schanden,
Ihn und sein ganzes Geschlecht, und Ehre den Meinen zu bringen.
Was er auch lugt, ich trank es ihm ein. Nun lie? man die beiden
In dem Kreise zusammen, und alle schauten begierig.
Isegrim zeigte sich wild und grimmig, reckte die Tatzen,
Kam daher mit offenem Maul und gewaltigen Sprungen.
Reineke, leichter als er, entsprang dem sturmenden Gegner
Und benetzte behende den rauhen Wedel mit seinem
Atzenden Wasser und schleift' ihn im Staube, mit Sand ihn zu fullen.
Isegrim dachte, nun hab er ihn schon! da schlug ihm der Lose
Uber die Augen den Schwanz, und Horen und Sehen verging ihm.
Nicht das erstemal ubt' er die List, schon viele Geschopfe
Hatten die schadliche Kraft des atzenden Wassers erfahren.
Isegrims Kinder blendet' er so, wie anfangs gesagt ist;
Und nun dacht er den Vater zu zeichnen. Nachdem er dem Gegner
So die Augen gesalbt, entsprang er seitwarts und stellte
Gegen den Wind sich, ruhrte den Sand und jagte des Staubes
Viel in die Augen des Wolfs, der sich mit Reiben und Wischen
Hastig und ubel benahm und seine Schmerzen vermehrte.
Reineke wu?te dagegen geschickt den Wedel zu fuhren,
Seinen Gegner aufs neue zu treffen und ganzlich zu blenden.
Ubel bekam es dem Wolfe! denn seinen Vorteil benutzte
Nun der Fuchs. Sobald er die schmerzlich tranenden Augen
Seines Feindes erblickte, begann er mit heftigen Sprungen,
Mit gewaltigen Schlagen auf ihn zu sturmen, zu kratzen
Und zu bei?en und immer die Augen ihm wieder zu salben.
Halb von Sinnen tappte der Wolf, da spottete seiner
Reineke dreister und sprach: Herr Wolf, Ihr habt wohl vorzeiten
Manch unschuldiges Lamm verschlungen, in Euerem Leben
Manch unstrafliches Tier verzehrt: ich hoffe, sie sollen
Kunftig Ruhe genie?en, auf alle Falle bequemt Ihr
Euch, sie in Frieden zu lassen, und nehmet Segen zum Lohne.
Eure Seele gewinnt bei dieser Bu?e, besonders
Wenn Ihr das Ende geduldig erwartet. Ihr werdet fur diesmal
Nicht aus meinen Handen entrinnen, Ihr mu?tet mit Bitten
Mich versohnen, da schont ich Euch wohl und lie? Euch das Leben.
Hastig sagte Reineke das und hatte den Gegner
Fest an der Kehle gepackt und hofft ihn also zu zwingen.
Isegrim aber, starker als er, bewegte sich grimmig,
Mit zwei Zugen ri? er sich los. Doch Reineke griff ihm
Ins Gesicht, verwundet' ihn hart und ri? ihm ein Auge
Aus dem Kopfe, es rann ihm das Blut die Nase herunter.
Reineke rief: So wollt ich es haben! so ist es gelungen!
Blutend verzagte der Wolf, und sein verlorenes Auge
Macht' ihn rasend, er sprang, vergessend Wunden und Schmerzen,
Gegen Reineken los und druckt' ihn nieder zu Boden.
Ubel befand sich der Fuchs, und wenig half ihm die Klugheit.
Einen der vorderen Fu?e, die er als Hande gebrauchte,
Fa?t' ihm Isegrim schnell und hielt ihn zwischen den Zahnen.
Reineke lag bekummert am Boden, er sorgte zur Stunde
Seine Hand zu verlieren und dachte tausend Gedanken.
Isegrim brummte dagegen mit hohler Stimme die Worte:
Deine Stunde, Dieb, ist gekommen! Ergib dich zur Stelle,
Oder ich schlage dich tot fur deine betruglichen Taten!
Ich bezahle dich nun, es hat dir wenig geholfen,
Staub zu kratzen, Wasser zu lassen, das Fell zu bescheren,
Dich zu schmieren; wehe dir nun! du hast mir so vieles
Ubel getan, gelogen auf mich, mir das Auge geblendet,
Aber du sollst nicht entgehn, ergib dich, oder ich bei?e!
Reineke dachte: Nun geht es mir schlimm, was soll ich beginnen?
Geb ich mich nicht, so bringt er mich um, und wenn ich mich gebe,
Bin ich auf ewig beschimpft. Ja, ich verdiene die Strafe,
Denn ich hab ihn zu ubel behandelt, zu groblich beleidigt.
Su?e Worte versucht' er darauf, den Gegner zu mildern.
Lieber Oheim! sagt' er zu ihm: ich werde mit Freuden
Euer Lehnsmann sogleich mit allem, was ich besitze.
Gerne geh ich als Pilger fur Euch zum Heiligen Grabe,
In das Heilige Land, in alle Kirchen, und bringe
Abla? genug von dannen zuruck. Es gereichet derselbe
Eurer Seele zu Nutz und soll fur Vater und Mutter
Ubrig bleiben, damit sich auch die im ewigen Leben
Dieser Wohltat erfreun; wer ist nicht ihrer bedurftig?
Ich verehr Euch, als wart Ihr der Papst, und schwore den teuren
Heiligen Eid, von jetzt auf alle kunftige Zeiten
Ganz der Eure zu sein mit allen meinen Verwandten.
Alle sollen Euch dienen zu jeder Stunde. So schwor ich!
Was ich dem Konige selbst nicht versprache, das sei Euch geboten.
Nehmt Ihr es an, so wird Euch dereinst die Herrschaft des Landes.
Alles, was ich zu fangen verstehe, das will ich Euch bringen:
Ganse, Huhner, Enten und Fische, bevor ich das mindste
Solcher Speise verzehre, ich la? Euch immer die Auswahl,
Eurem Weib und Kindern. Ich will mit Flei?e darneben
Euer Leben beraten, es soll Euch kein Ubel beruhren.
Lose hei? ich, und Ihr seid stark, so konnen wir beide
Gro?e Dinge verrichten. Zusammen mussen wir halten,
Einer mit Macht, der andre mit Rat, wer wollt uns bezwingen?
Kampfen wir gegeneinander, so ist es ubel gehandelt.
Ja, ich hatt es niemals getan, wofern ich nur schicklich
Hatte den Kampf zu vermeiden gewu?t; Ihr fordertet aber,
Und ich mu?te denn wohl mich ehrenhalber bequemen.
Aber ich habe mich hoflich gehalten und wahrend des Streites
Meine ganze Macht nicht bewiesen; es mu? dir, so dacht ich,
Deinen Oheim zu schonen, zur gro?ten Ehre gereichen.
Hatt ich Euch aber geha?t, es war Euch anders gegangen.
Wenig Schaden habt Ihr gelitten, und wenn aus Versehen
Euer Auge verletzt ist, so bin ich herzlich bekummert.
Doch das Beste bleibt mir dabei: ich kenne das Mittel,
Euch zu heilen, und teil ichs Euch mit, Ihr werdet mirs danken.
Bliebe das Auge gleich weg, und seid Ihr sonst nur genesen,
Ist es Euch immer bequem; Ihr habet, legt Ihr Euch schlafen,
Nur Ein Fenster zu schlie?en, wir andern bemuhen uns doppelt.
Euch zu versohnen, sollen sogleich sich meine Verwandten
Vor Euch neigen, mein Weib und meine Kinder, sie sollen
Vor des Koniges Augen im Angesicht dieser Versammlung
Euch ersuchen und bitten, da? Ihr mir gnadig vergebet
Und mein Leben mir schenkt. Dann will ich offen bekennen,
Da? ich unwahr gesprochen und Euch mit Lugen geschandet,
Euch betrogen, wo ich gekonnt. Ich verspreche, zu schworen,
Da? mir von Euch nichts Boses bekannt ist und da? ich von nun an
Nimmer Euch zu beleidigen denke. Wie konntet Ihr jemals
Gro?ere Suhne verlangen, als die, wozu ich bereit bin?
Schlagt Ihr mich tot, was habt Ihr davon? es bleiben Euch immer
Meine Verwandten zu furchten und meine Freunde; dagegen,
Wenn Ihr mich schont, verla?t Ihr mit Ruhm und Ehren den Kampfplatz,
Scheinet jeglichem edel und weise: denn hoher vermag sich
Niemand zu heben, als wenn er vergibt. Es kommt Euch so bald nicht
Diese Gelegenheit wieder, benutzt sie. Ubrigens kann mir
Jetzt ganz einerlei sein, zu sterben oder zu leben.
Falscher Fuchs! versetzte der Wolf. wie warst du so gerne
Wieder los! Doch ware die Welt von Golde geschaffen,
Und botest du sie mir in deinen Noten, ich wurde
Dich nicht lassen! Du hast mir so oft vergeblich geschworen,
Falscher Geselle! Gewi?, nicht Eierschalen erhielt' ich
Lie? ich dich los. Ich achte nicht viel auf deine Verwandten;
Ich erwarte, was sie vermogen, und denke so ziemlich
Ihre Feindschaft zu tragen. Du Schadenfroher! wie wurdest
Du nicht spotten, gab ich dich frei auf deine Beteurung.
Wer dich nicht kennte, ware betrogen. Du hast mich, so sagst du,
Heute geschont, du leidiger Dieb! und hangt mir das Auge
Nicht zum Kopfe heraus? Du Bosewicht, hast du die Haut mir
Nicht an zwanzig Orten verletzt? und konnt ich nur einmal
Wieder zu Atem gelangen, da du den Vorteil gewonnen?
Toricht war es gehandelt, wenn ich fur Schaden und Schande
Dir nun Gnad und Mitleid erzeigte. Du brachtest, Verrater,
Mich und mein Weib in Schaden und Schmach, das kostet dein Leben.
Also sagte der Wolf. Indessen hatte der Lose
Zwischen die Schenkel des Gegners die andre Tatze geschoben;
Bei den empfindlichsten Teilen ergriff er denselben und ruckte,
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