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Der Brander: Admiral Bolitho im Kampf um die Karibik - Kent Alexander - Страница 57


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Seit seiner Verwundung mu?ten jetzt sechs Monate vergangen sein und drei seit der Ankunft des Kurierschiffs mit den Anweisungen der Admiralitat, die das Schicksal der Insel endgultig regelten.

Bolitho sagte:»Wenn wir England erreichen, wird es dort Fruhling sein. Ein volles Jahr ist seit unserem Auslaufen vergangen.»

Dabei beobachtete er Alldays Gesicht, aber der zuckte nur mit den Schultern und antwortete:»Wahrscheinlich hat sich die ganze Aufregung bis dahin wieder gelegt, Sir.»

«Kann sein.»

Allday grubelte also immer noch, furchtete das Land mehr als die Gefahren auf See. Einem alten Seemann ging es da nicht anders als seinem Schiff: sobald es unnutz festlag und nicht mehr gebraucht wurde, war es zum Verfall verurteilt.

Bootsmannspfeifen schrillten an Deck oben und Befehle wurden gebrullt, wahrend die Seitenwache an der Pforte aufzog.

Bolitho erhob sich und lie? sich von Ozzard seinen Paraderock bringen. Mit der Fregatte war auch der neue Gouverneur fur San Felipe eingetroffen, ein schmachtiger Mann mit einem Vogelgesicht, der im Vergleich zu Rivers farblos wirkte.

Und er brachte die Anweisung mit, da? Rivers auf Achates nach England zuruckgeschafft werden sollte. Pech fur uns beide, dachte Bolitho.

Oder wie Keen bemerkt hatte:»Holle und Teufel, warum ausgerechnet wir? Die Pest uber diesen Mann!»

Ozzard klopfte an dem goldbetre?ten Uniformrock herum und musterte die Goldepauletten mit sachkundigem Interesse. Dann griff er nach dem Prunksabel an der Wand, lie? aber die Hande sinken, als Bolitho schnell den Kopf schuttelte.

Er wartete darauf, da? Allday die alte Familienwaffe von ihrem Platz nahm und ihm an den Gurtel schnallte, wie immer.

Bolitho hatte Belinda von Alldays Mut geschrieben und auch den Preis erwahnt, den er dafur hatte zahlen mussen. Sie wurde besser als jeder andere wissen, was jetzt zu tun war. Mit einem schnellen Kurier mu?ten seine Briefe lange vor Achates in England sein.

«Danke. Ich gehe und begru?e unseren — an — Gast.»

Allday begleitete ihn an Deck, wo Bolitho Rivers an der Eingangspforte warten sah, flankiert von seiner Eskorte. Er trug Handschellen, und Leutnant Lemoine beeilte sich zu erklaren:»Befehl des Obersten,

Sir.»

Bolitho nickte unbeeindruckt.»An Bord befindet sich Sir Humphrey in meinem Gewahrsam, Mr. Lemoine. Und ich wunsche nicht, ihn in Eisen zu sehen. «Die uberraschte, fast erschreckte Dankbarkeit in Rivers' Blick blieb ihm nicht verborgen. Dann sah er seine Augen zum Vormasttopp schweifen, wo die Flagge in der frischen Brise auswehte. Da er selbst Vizeadmiral gewesen war, suchte er diesen Anblick wohl bis zuletzt auszukosten.

«Meinen Dank dafur, Bolitho.»

Bolitho sah Keen im Hintergrund die Stirn runzeln.»Das ist aber auch alles, obgleich das mindeste, was ich fur Sie tun kann.»

Rivers blickte hinuber zur Stadt, an deren Uferstra?e sich eine Menschenansammlung eingefunden hatte, um ihn abreisen zu sehen. Kein Jubel, aber auch keine Schmahrufe. Typisch fur die Insel, dachte Bo-litho, mit ihrer sturmischen Vergangenheit und Ungewissen Zukunft.

Aber was kummerte es ihn? Warum sollte er den Mann bedauern, diesen Verrater und Piraten, dessen selbstsuchtige Gier so viele Menschenleben gefordert hatte? Rivers hatte zwei Sohne, die in London lebten und ihm schon einen tuchtigen Verteidiger fur seinen Proze? besorgen wurden. Vielleicht konnte er sich sogar noch einmal herausreden. Die im Kriegsfall so wertvolle Wehrhaftigkeit der Insel ging schlie?lich zum gro?en Teil auf ihn zuruck, auch wenn seine Motive dabei anderer Art gewesen waren.

Bolitho mu?te sich eingestehen, da? die Hauptschuld bei den allmachtigen Herren in London lag, die es zugelassen hatten, da? Rivers seine Macht zum eigenen Vorteil immer weiter ausbaute.

Keen sah Rivers nach, der nach unten gefuhrt wurde, und murrte:»Ich hatte ihn in die Arrestzelle gesteckt.»

Bolitho lachelte.»Wenn Sie jemals in Gefangenschaft geraten, Val, was hoffentlich niemals geschehen wird, dann werden Sie mich verstehen.»

Ungeruhrt grinste Keen.»Aber bis dahin, Sir, kann ich ihn nicht ausstehen.»

Fahnrich Ferrier trat heran, gru?te und meldete Keen:»Mr. Tyrrell ist an Bord gekommen, Sir.»

Bolitho wandte sich um. Tyrrell hatte sich seit dem Verlust seiner Vivid uberwiegend an Land aufgehalten, wohl um — wie Bolitho vermutete — nicht daruber sprechen zu mussen. Oder hatte er, — unabhangig wie immer, sich einen Platz auf einem anderen Schiff gesucht?

Nun mu?te er gehort haben, da? Achates bald auslaufen wurde. Schlie?lich war das ein offenes Geheimnis auf der Insel. Wenn Achates erst den Ozean uberquert hatte, wurde es auf San Felipe einige neugeborene Kinder geben, hell- oder dunkelhautige. Es stimmt Bo-litho froh, die Abschiedsrufe zu horen, die zwischen den Booten und dem Kai gewechselt wurden. Achates hatte uber die Toppen geflaggt und war bis zum Rand voll frischer Fruchte und Geschenke, uberreicht von der Inselbevolkerung, die das Schiff einst so geha?t und gefurchtet hatte.

Tyrrells wettergegerbter Kopf erschien auf der Leiter zum Achterdeck, und Bolitho ging ihm entgegen.

«Will mich nur schnell verabschieden, Dick. Von Ihnen und dem Junior. Wenn ich ihn das nachste Mal sehe, ist er bestimmt Kapitan.»

Wie Allday tat sich auch Tyrrell schwer; er wurde im nachsten Augenblick auf seinem verha?ten Holzstumpf schleunigst das Weite suchen. Bolitho dachte uber die rechten Worte nach, denn er wu?te, da? Tyrrell jede wohlgesetzte Rede als Beweis fur Mitleid, ja sogar Herablassung auffassen wurde.

«Fahren Sie jetzt nach Hause zuruck, Jethro?»

«Hab kein Zuhause, ist alles hin. Das wissen Sie doch, verdammt noch mal!«Aber er beherrschte sich sofort wieder.»Tut mir leid. Unser Wiedersehen hat mich ziemlich aus dem Gleis geworfen.»

«Mich auch.»

«Tatsachlich?«Mi?trauisch starrte Tyrrell ihn an, einer Luge gewartig.

«Ich habe mir uberlegt…«Aus dem Augenwinkel sah er Knocker zum Ersten Offizier hasten, der sich seinerseits an den Kommandanten wandte. Bolitho wu?te den Grund, auch er hatte den Wechsel der Windrichtung im Gesicht gespurt, schon als er mit Rivers sprach. Viel half das nicht, aber in dieser wetterwendischen Weltgegend mu?te man aus allem das Beste machen. Doch er untersagte sich den Blick zur Windfahne im Masttopp, weil er sich nicht ablenken lassen wollte, sondern fuhr fort:»Wie war's mit England?»

Tyrrell warf den Kopf zuruck und lachte rauh.»Mann Gottes, was sagen Sie da? Was soll ich in England?»

Bolitho blickte an ihm vorbei zum Land hinuber.»Ihr Vater stammt aus Bristol, wie ich mich erinnere. Das ist nicht weit von Cornwall, von uns.»

Auch Tyrrell war die plotzliche Aktivitat an Bord nicht entgangen, er interpretierte sie richtig: ein Schiff vor dem Auslaufen. Aber in die Heimat.

Verzweifelt antwortete er:»Ich bin ein Kruppel, Dick, wozu ware ich schon nutze?»

«Westengland hat eine Menge Schiffe wie die Vivid.»

Bolitho sah Keen herankommen. Er konnte nicht langer warten.»Jedenfalls mochte ich, da? Sie mitfahren«, sagte er abschlie?end.

Tyrrell blickte sich um, als konne er seinen Augen und Ohren nicht mehr trauen.

«Aber Hand fur Koje, darauf bestehe ich.»

Bolitho lachelte.»Dann ist das also abgemacht.»

Sie tauschten einen Handedruck, wobei Tyrrell versprach:»Bei Gott, Sir, das sollen Sie niemals zu bereuen haben!»

Bolitho wandte sich an seinen Flaggkapitan.»Bringen Sie das Schiff in Fahrt, Val, wenn Sie soweit sind.»

Keen drehte sich um und rief:»Alle Boote einsetzen! Beide Wachen an Deck, Mr. Quantock!»

Ein letztes Mal blickte er hinuber zu Bolitho und dem Einbeinigen, die an der Querreling standen, und schuttelte den Kopf.

Die Toppsgasten enterten behende auf und legten auf den Rahen aus, das Ankerspill wurde bemannt, und bald zeigte Achates dem Land das Heck und glitt langsam seewarts, auf ihren Anker zu.

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