Der Brander: Admiral Bolitho im Kampf um die Karibik - Kent Alexander - Страница 42
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«Zundloch stopfen!»
«Auswischen!»
Die Manner auf dem Batteriedeck duckten sich, als einige Finknetze an der Reling unter dem Beschu? zerplatzten und Fetzen der Hangematten durch die Luft flogen. Die Kugeln fallten zwei Seeleute, ein dritter konnte noch davonhinken und sich wie ein scheues Tier unter der Gangway verkriechen.
«Laden!»
Hallowes deutete mit dem Sabel auf den zusammengekauerten Mann und schrie:»Zuruck an deinen Platz — sofort!«Und dann:»Ausrennen!»
Wieder rumpelten und quietschten die Lafetten, als das Schiff Kanone um Kanone dem Feind seine Breitseite prasentierte. Dieser lag nach einem leichten Richtungswechsel jetzt auf konvergierendem Kurs mit Achates und feuerte pausenlos weiter.
Bolitho sah Keen zur anderen Seite des Achterdecks hinubergehen. Neue Treffer hammerten in den Rumpf, ein vielstimmiger Aufschrei aus dem unteren Batteriedeck verriet Bolitho, da? ein Vierundzwan-zigpfunder umgesturzt sein mu?te oder — noch schlimmer — sich aus seinen Taljen losgerissen hatte.
Beide Schiffe waren der Bewaffnung nach ebenburtig. Achates hatte zwar mehr Kanonen, aber die schwereren Kaliber des Feindes forderten einen schrecklichen Blutzoll. Ein einziger Gluckstreffer konnte die Entscheidung bringen. Bolitho starrte auf Keens Rucken, als konne er ihn durch Willenskraft zum Handeln antreiben: Aufschlie?en, Val. Geh ran, ehe er dich entmastet.
Wieder ubertonten Schreie das allgemeine Inferno der Kanonade. Ein Seesoldat taumelte, die Hande vors Gesicht geschlagen, von seinem Platz an den Finknetzen zuruck; seine Brust war gespickt mit scharfen Holzsplittern.
«Herrgott, was fur ein Schlamassel!«Tyrrell bahnte sich mit seinem Stumpf muhsam einen Weg durch zerrissene Taljen und gebrochene Leinen, die trotz der Schutznetze herabgefallen waren.
Bolitho wies ihn an:»Gehen Sie nach unten. Sie sind Zivilist.»
Tyrrell zog eine Grimasse, als eine Kugel am Verschlu?stuck eines Neunpfunders auf dem Achterdeck zerbarst und es Splitter hagelte, die abermals zwei Seeleute zu Boden rissen, wo sie sich in Lachen ihres eigenen Blutes walzten.
Keen fuhr herum und funkelte Tyrrell an.»Verdammt, was machen Sie hier?»
Durch zusammengepre?te Zahne knurrte Tyrrell:»Bringen Sie Ihren Kahn endlich langsseits, Kapt'n, Ihre Leute konnen dieses Tempo nicht mehr lange durchhalten.»
Keen sah zu Bolitho hinuber.»Aber dann wird Ihr Flaggschiff erkannt, Sir!»
Daran lag's also. Bolitho zog seinen alten Sabel.»Legt Ruder! Wir bringen ihnen jetzt das Furchten bei«, er hob die Stimme,»stimmt's, Jungs?»
Als sie ihm zujubelten, mu?te er sich abwenden. Halbnackt, pulvergeschwarzt, schwei?uberstromt, waren dies nicht die romantischen Helden, wie er sie auf manchem prachtig gemalten Schlachtenpanorama in London gesehen hatte.
Wieder spurte er die schon vertraute Wildheit des Nahkampfes in sich aufsteigen.»Lebhaft, dort druben!«drangte er.
Als Ruder gelegt wurde, schwangen die Rahen leicht herum, und binnen weniger Minuten war die Distanz auf eine Kabellange geschrumpft und verringerte sich schnell weiter. Bald waren es nur noch funfzig Meter und weniger, die Takelage des Feindes ragte hoch uber ihren Kopfen empor, und jetzt fiel Musketengeknatter in den betaubenden Chor der Kanonen ein.
Dem anderen Kommandanten blieb keine Wahl. Er konnte nicht mehr halsen und sich davonmachen, denn das Land, das ihm bisher Zuflucht geboten hatte, war jetzt zu einer todlichen Gefahr geworden und drohte ihm mit den steinernen Fangen des Riffs, auf dem sich tobend die Brandung brach. Und wenn er es mit einer Wende versuchte, mu?te er sich mit backstehenden Segeln festfahren und genau die entscheidenden Sekunden verlieren, die Keen brauchte, um ihn vom Bug bis zum Heck mit seinen Breitseiten zu beharken.
Ein splitterndes Krachen hoch uber ihnen, und dann warnende Rufe:»In Deckung da unten!«Teile der Fu?rah des Besansegels durchschlugen die Schutznetze, knallten an Deck und zogen ein Gewirr gebrochener Leinen und Taljen hinter sich her.
Bolitho spurte an der Schulter einen Schlag wie von einer eisernen Faust, und dann lag er mit dem Gesicht auf den Planken. Seine erste Reaktion kam einer Panik sehr nahe: wieder verwundet, und diesmal bestimmt schwer! Aber dann horte er sich fluchen, vor allem uber den Rauch, der ihm im entscheidenden Moment die Sicht geraubt hatte.
Er merkte, da? Adam mit starrem Blick seinen Arm gepackt hielt, wahrend Allday irgend etwas Schweres von seinem Rucken wegzog und ihm zunachst auf die Knie, dann auf die Fu?e half. Ein riesiger Block, den der Schu? durch die Besantakelage losgerissen hatte, schwang wie ein Knuppel an seinen Parten vom Netz und hatte ihn umgerissen. Er hatte nicht mal einen Kratzer davongetragen. Mit leicht verzerrtem Grinsen dankte er, als jemand ihm seinen Hut zuruckreichte und ein anderer jubelte:»Zeigen Sie's den Hunden, Sir!»
Bolitho wandte sich dem Feind zu, obwohl ihm der Rauch in den Augen brannte und ein dumpfer Schmerz in seiner Schulter pochte. Hatte der Block ihn am Kopf getroffen, ware er jetzt tot gewesen.
Musketenkugeln durchlocherten die zusammengerollten Hangematten, Holzsplitter wurden aus den Planken gerissen oder ragten wie spitze Federkiele aus dem Deck.
Doch schon blinkten Axte im rauchgetrubten Sonnenlicht, die Trummer aus der Besantakelage wurden freigehackt und mit Handspaken uber das Schanzkleid gehievt.
Jetzt trug das erbarmungslose Exerzieren an Segeln und Kanonen Fruchte. Wo ein Mann fiel oder beiseitegezerrt wurde, damit er nicht im Weg war, bis die Gehilfen des Schiffsarztes kamen, da stand sofort ein anderer an seinem Platz, herbeigesprungen von den Kanonen auf der gegenuberliegenden Decksseite.
Die Musketen der Marinesoldaten griffen jetzt in den Kampf ein. Sergeant Saxton schrie laut den Takt und stampfte dazu mit dem Stiefel auf, wahrend die Ladestocke sich alle zugleich hoben und senkten. Sobald die Laufe sich dann durch die Netze schoben, schrie er:»Ziel auffassen! Jeder Schu? ein Treffer!«Geknatter hoch uber ihren Kopfen zeigte an, da? auch in den Masten Marinesoldaten feuerten; diese Scharfschutzen zielten vor allem auf die Offiziere des Gegners.
Bolitho schritt auf und ab und stolperte dabei uber einen gezackten Splitter, wodurch die Kugel eines feindlichen Scharfschutzen ihn knapp verfehlte.
Die beiden Schiffe glitten immer naher zusammen. Die Kanonen feuerten jetzt auf Kernschu?weite, bedient von halb blinden und tauben Mannschaften, die mit Handen und Fu?en kampfen mu?ten, um ihre schweren Waffen unter Kontrolle zu bringen.
«Feuer einstellen!»
Quantock mu?te den Befehl wiederholen, ehe auch die letzte Kanone auf dem unteren Deck verstummte. Als der Feind es ihnen nachtat, entstand eine dumpfe Stille, in der andere Gerausche erst allmahlich wieder wahrgenommen wurden: die Schmerzensschreie Verwundeter, Hilferufe, Befehle.
«Hartruder!»
Sobald das Rad herumwirbelte, fegte Achates' Bugspriet wie eine Axt durch die vorderen Wanten des gegnerischen Schiffes. Mit einem furchterlichen Knirschen stie?en die beiden Rumpfe zusammen.
Bolithos Manner rannten nach vorn, griffen jetzt zu Axten, Entermessern und Piken, lie?en Kanonen Kanonen sein und rusteten sich zum Kampf Mann gegen Mann.
Leutnant Hallowes, dem der Hut halb vom Kopf geschlagen worden war, brullte mit geschwungenem Sabel:»Auf sie, Leute!»
Jubelnd wie die Besessenen rannten die Manner nach vorn zu der Stelle, wo sich die Schiffsrumpfe beruhrten, um sich mit Hauen und Stechen einen Weg nach druben zu erkampfen, uber das schmale Dreieck glitzernden Wassers hinweg.
Einige wurden von den Piken der Verteidiger aufgespie?t, als sie sich schon an die Enternetze klammerten, andere fallten die Scharfschutzen, noch ehe sie hinubergesprungen waren. Aber die meisten kamen durch, und immer mehr folgten ihnen; Bolitho sah den Vierten Offizier auf dem Backbordseitendeck des Feindes nach achtern sturmen, wobei er eine schrill aufschreiende Gestalt mit seinem Sabel beiseite hackte und eine andere mit dem Messer durchbohrte, bis er schlie?lich von seinen eigenen johlenden und kampfestollen Mannern uberholt wurde, deren Entermesser schon blutrot waren vom Handgemenge auf dem Vorschiff.
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