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Der Piratenfurst: Fregattenkapitan Bolitho in der Java-See - Kent Alexander - Страница 34


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Im bleichen Glanz des Morgens flossen Himmel und Meer zu milchigem Dunst zusammen. Schwerfallig schob sich das uberladene Langboot aus den Baumen und kleinen Stranden heraus, die den Meeresarm zu beiden Seiten saumten. Bolitho hielt scharf Ausschau nach irgendwelchen Zeichen von Leben, die auf einen Hinterhalt deuteten. Hoch oben segelten ein paar Vogel, und weit drau?en, vor den letzten, winzigen Landfetzen, sah er die offene See, seltsam farblos im Morgenlicht. Dann musterte er die Manner im Boot. Die kurze Ruhepause schien ihnen wenig genutzt zu haben. Mude und verangstigt sahen sie aus, ihre Kleidung starrte vor Schmutz und getrocknetem Blut, die Gesichter waren hohl und stoppelig. Man konnte sich kaum vorstellen, da? sie zu einem Schiff des Konigs gehorten.

Soames stand aufrecht neben Allday und spahte voraus, uberwachte die Manner, die das eingesickerte Wasser ausschopften, und sah zwischendurch nach dem verwundeten Matrosen — seine Augen waren uberall. Ganz vorn auf dem Steven hockte Keen, die nackten Fu?e im Wasser, zusammengesunken wie unter einer schweren Last, und beobachtete das nachstliegende Ufer.

Die erste Dunung rollte in die Bucht; das Boot hob und senkte sich in den Wellen. Ein paar Leute stohnten erschrocken auf, aber die meisten starrten stumpf vor sich hin; ihnen war langst alles gleich.»Wenn wir im offenen Wasser sind«, sagte Bolitho,»drehen wir nach Backbord ab. So treffen wir am schnellsten auf die Boote der Undine.»

Soames blickte kurz zu ihm heruber.»Kann Stunden dauern. Bis dahin wird es so hei? wie in einem verdammten Ofen.»

Bolitho tastete unwillkurlich nach seiner Uhr und stohnte schmerzlich auf, als seine Finger die Prellung auf dem Oberschenkel beruhrten. Schlie?lich hatte er die Uhr herausgezogen: die abgeprallte Kugel hatte Deckel und Werk vollig zerschlagen, doch ohne die Uhr ware er jetzt wahrscheinlich dem Tode nahe oder bestenfalls Gefangener an Bord der Brigantine.

«Die ist hin, Sir«, bemerkte Soames gelassen. Bolitho nickte und erinnerte sich daran, wie seine Mutter sie ihm geschenkt hatte. Er war gerade Leutnant geworden. Die Uhr hatte ihm sehr viel bedeutet, nicht zuletzt deswegen, weil sie ihn an seine Mutter erinnerte, an ihre Sanftheit und die Seelenstarke, mit der sie es getragen hatte, Mann und Sohne an die See zu verlieren.

Ein paar Stimmen protestierten laut, weil das Boot stark krangte, und Bolitho sah, da? Keen von seinem exponierten Platz ins Bootsinnere zuruckkletterte.»Da, Sir! Steuerbord voraus!«schrie er, das Gesicht vor Schreck verzerrt.

Bolitho stand auf, stutzte sich mit einer Hand auf Alldays Schulter und starrte auf die beiden langen, flachen Gebilde, die eben die au?erste Spitze des Landes rundeten: Boote. Unter perfektem Gleichschlag der langen Paddel glitten sie ziemlich schnell dahin, genau auf den Eingang der Bucht zu.

«Kriegskanus«, sagte Fowlar heiser.»Ich kenne sie von fruher. Die kommen noch naher ran, wenn ich mich nicht irre. «Er zog seine Pistole aus dem Gurtel und suchte nach dem Pulverhorn.

Mit zusammengekniffenen Augen spahte Soames nach den beiden Kanus aus. Sein Gesicht war maskenstarr.»Gott verdamm' mich, in jedem sind mindestens drei?ig Mann!»

«Die tun uns nichts, das ware nicht fair! Wir sind doch keine Sklavenjager!«schrie ein Matrose angstvoll auf.

«Still, der Mann da!«Fowlar spannte die Pistole und legte den Lauf auf den Unterarm.»Fur die sind alle Wei?en gleich, also halt die Schnauze!»

«Tempo zulegen!«befahl Bolitho.»Vielleicht kommen wir vorbei.»

«Wenn Sie meinen, Captain?«sagte Allday und gab den Ruderern einen schnelleren Rhythmus an.

«Achteraus, Sir!«rief ein anderer Matrose.»Ich sehe die Marssegel der Brigantine. «Vorsichtig, um die Ruderer nicht aus dem Takt zu bringen, drehte Bolitho sich um. Der Mann hatte sich nicht geirrt. Weit hinter ihnen glitt ein schlaffes Segel im Schneckentempo uber einer Reihe niedriger Baumwipfel dahin. Das Sklavenschiff mu?te schon vor Sonnenaufgang Anker gelichtet haben. Das leblose Tuch verriet Bolitho, da? die Brigantine von Booten geschleppt wurde. Aber war sie erst einmal in offenem Wasser, wurde sie auch bald entkommen sein. Und dort kamen die Kanus naher. Zum Unterschied von den Sklavenjagern sa?en er und seine Manner hier fest und wurden sterben — wenn sie Gluck hatten.

«Was konnen wir schon tun, Sir?«fragte Soames.»Diese Kanus sind schneller als wir, und zum Nahkampf lassen sie uns gar nicht erst dicht genug heran. «Nervos spielte er mit seinem Sabelgriff; zum erstenmal verriet er Angst.

«Stellen Sie fest, was wir an Waffen, Pulver und Munition haben«, erwiderte Bolitho.

Viel konnte nicht mehr ubrig sein nach der planlosen Schie?erei an Land, zumal sein eigenes Enterkommando ja auch die Waffen an Bord der Brigantine gelassen hatte.

Fowlar meldete:»Reicht kaum fur einen Schu? pro Mann,

Sir.»

«Na schon. Die zwei besten Schutzen nach achtern! Und geben Sie ihnen alles Pulver, das wir haben. «Etwas leiser sagte er zu Soames:»Vielleicht konnen wir sie in Schach halten, bis unsere Boote eintreffen.»

Die Kanus hatten gestoppt; unter dem Ruckwartsdruck der glitzernden Paddel lauerten sie wie zwei Hechte bewegungslos im Wasser. Bolitho hatte sein Fernrohr gebraucht — aber das lag irgendwo im Dschungel. Dennoch konnte er die Eingeborenen recht deutlich erkennen: die tief schwarzen Leiber waren uber die Paddel gebeugt, um auf Befehl sofort loszurudern. Im Heck sa? jeweils ein gro?er Mann mit buntem Kopfschmuck, den Korper von einem ovalen Schild gedeckt. Bolitho dachte an die Sklaven in der Lichtung, an das Madchen, das an Deck der Brigantine erschlagen worden war. Von diesen Negern, die stumm das Boot beobachteten, konnte kein Wei?er Gnade erwarten. Nur Blut wurde sie befriedigen.

Die Wei?en ruderten immer naher, bis nur noch eine halbe Kabellange sie von den Eingeborenen trennte. Bolitho blickte sich nach den beiden Scharfschutzen in der Achterplicht um. Fowlar war der eine, der andere ein Matrose mit zernarbtem Gesicht. Das Haufchen Pulver und Kugeln wirkte zwischen den beiden Mannern noch winziger als vorher.

«Abfallen nach Steuerbord, Allday!«Bolitho war selbst uberrascht, wie ruhig seine Stimme klang.»Sie mussen jetzt bald reagieren.»

Als sich das Langboot schwerfallig zur Mitte der Einmundung wandte, kam Leben in die beiden Kanus; schwungvoll fuhren die Paddel ins Wasser, plotzlich vibrierte die Luft von Trommelschlag, und im vordersten Kanu stie? der Anfuhrer einen schrillen Kriegsruf aus.

Bolitho fuhlte, wie auch ihr Boot unter ihm vorwarts scho?, sah den Schwei? auf den Gesichtern seiner Rudergasten und die Angst, mit der sie den herangleitenden Kanus entgegenblickten.

«Achtung!«brullte er,»Schlag halten! Augen binnenbords!»

Etwas schlug spritzend langsseits auf — ein schwerer Stein zweifellos; und jetzt prasselte eine ganze Salve wie Hagel auf Schultern und Rucken der zusammenzuckenden Matrosen. Einige wurden am Kopf getroffen und sanken bewu?tlos zusammen. Die Ruderer kamen aus dem Takt; ein Riemen fiel ins Wasser und trieb ab.

«Feuer!«befahl Bolitho.

Fowlar druckte ab und fluchte, weil er vorbeigeschossen hatte. Dann knallte die andere Muskete. Druben schrie ein Neger auf und sturzte ins Wasser.

«Lenzen!«brullte Soames. Er feuerte und grunzte befriedigt, als wieder ein Schwarzer ins Wasser sturzte.

Die Kanus trennten sich jetzt. Jedes schlug einen weiten Bogen, so da? sie etwas achterlicher zu beiden Seiten des Langbootes aufkamen, das damit vollig von den Ufern der Bucht abgeschnitten war. Vor ihnen lag die offene See, leer und lockend wie zum Hohn.

Wieder scho? Fowlar, und diesmal hatte er mehr Gluck: er traf den Mann mit dem Kopfschmuck, der offensichtlich den Takt angab.

Die Matrosen pullten so angestrengt oder spahten angstvoll nach vorn, da? kaum einer die eigentliche Gefahr bemerkte, bis es fast zu spat war.

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