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Zerfetzte Flaggen: Leutnant Richard Bolitho in der Karibik - Kent Alexander - Страница 44


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Rowhurst, verwirrt und besturzt uber den Wechsel der Ereignisse, hielt an und starrte auf den sich blind vorwarts tastenden Leutnant.

Es war Wahnsinn, nochmals mit ihm zu den Kanonen zu gehen. Ihre einzige Chance lag in einer schnellen Flucht zu den Toren des Forts, jedes weitere Verweilen verringerte die Aussicht auf Uberleben.

Rowhurst war Freiwilliger und stolz darauf, einer der besten Artilleriemaaten der ganzen Flotte zu sein. Wenn das Schicksal ihn weiterhin begunstigte, konnte er in etwa einem Monat mit Beforderung zum Deckoffizier und der Versetzung auf ein anderes Schiff rechnen.

Er beobachtete Quinns jammerliche Bemuhungen, ein Geschutz zu finden, das noch geladen und wegen der Flucht der Bedienungsmannschaft nicht abgefeuert war. So oder so bedeutete es fur ihn das Ende. Wenn er blieb, wurde er mit Quinn zusammen sterben. Wenn er fluchtete, wurde Quinn ihn des Ungehorsams und der Ungebuhrlichkeit gegenuber einem Offizier beschuldigen.

Er seufzte tief auf und entschlo? sich zu bleiben.

«Hier, dieses ist es!«Und mit einem gezwungenen Grinsen fugte er hinzu:»Sir!»

Ein an den Radern lehnender Leichnam zuckte, als mehrere Schusse ihn trafen. Es war, als erwachten die Toten wieder zum Leben, um Zeugen dieses au?ersten Wahnsinns zu sein.

Das Donnern des Geschutzes, als die doppelte Ladung Schrot und Kugeln in die dichten Reihen der Angreifer schlug, schien Quinn wieder zur Besinnung zu bringen. Benommen tastete er nach seinem wundervoll ziselierten Dolch, seine Augen tranend, seine Ohren betaubt von dem Krach der Detonation.

Alles, was er sagen konnte, war:»Danke, Rowhurst, danke!»

Aber Rowhurst hatte mit seinen truben Ahnungen recht behalten. Er lag im nassen Sand und starrte mit weit offenen Augen in den Rauch; in der Mitte seiner Stirn klaffte ein kreisrundes Loch. Kein Artilleriemaat hatte besser zielen konnen.

Quinn ging wie im Traum davon. Die wei?en Hosen toter Soldaten schimmerten in der Dunkelheit, starrende, gebrochene Augen und verstreute Waffen kennzeichneten den Ort des Grauens.

Quinn merkte jetzt, da? Larm und Hurrageschrei vom Damm her verstummt waren. Die anderen hatten wohl auch genug.

Er hielt an, plotzlich wieder gespannt und kampfbereit, als einige Gestalten vor ihm auftauchten. Aber es waren Bolitho, Stockdale und zwei Seesoldaten.

Quinn blickte zu Boden; er wollte sprechen, erklaren, was Ro w-hurst getan, wozu er ihn getrieben hatte. Doch Bolitho ergriff ihn am Arm und sprach beruhigend auf ihn ein.»Der Korporal hat mir alles erzahlt. Ohne deinen Einsatz ware jetzt niemand au?erhalb des Forts mehr am Leben.»

Sie warteten, wahrend die Linie der Marineinfanteristen vom Fort her vorruckte und die zerschlagenen und blutenden Reste der Ve r-teidiger in eine vorlaufige Sicherheit passieren lie?.

Bolithos ganzer Korper schmerzte, sein rechter Arm war schwer wie Blei. Er verspurte noch immer die Angst und Verzweiflung der vergangenen Stunden: das Stampfen und Schnauben der Pferde, die aus dem Dunkel schlagenden und stechenden Sabel und dann den plotzlichen, verbissenen Widerstand seiner eigenen, zusammengewurfelten Truppe.

Couzens war von einem Pferd uberrannt worden und besinnungslos, drei Seeleute waren tot. Ihn selbst hatte ein Sabelhieb an der Schulter getroffen, die Schneide hatte sich angefuhlt wie ein gluhendes Messer.

Jetzt waren die Pferde zuruckgeschwommen oder mit der Stromung abgetrieben, einige ihrer Reiter aber waren geblieben, fur immer.

D'Esterre stie? durch den dunner werdenden Qualm zu ihnen.

«Wir haben sie abgeschlagen. Es hat Verluste gekostet, Dick, aber es kann unsere Rettung gewesen sein. «Er nahm seinen Hut ab und fachelte sich damit das schwei?uberstromte Gesicht.»Seht ihr? Endlich hat der Wind gedreht. Wenn unser Schiff drau?en steht, dann kann es jetzt hereinkommen.»

Er sah, wie ein Marineinfanterist vorbeigetragen wurde, dessen Bein bis zur Unkenntlichkeit zerschmettert war. In der Dunkelheit schimmerte sein Blut wie frischer Teer.

«Wir mussen Ersatz zum Damm schicken. Ich habe schon neue Geschutzbedienungen angefordert. «Couzens taumelte auf sie zu und rieb sich stohnend den Kopf.»Gut, da? er soweit in Ordnung ist. «D'Esterre setzt den Hut wieder auf, als er seinen Sergeanten sah, der auf ihn zueilte:»Ich furchte, sie haben den anderen Fahnrich, Huyghue, gefangengenommen.»

Quinn sagte mit gebrochener Stimme:»Ich habe ihn zu dir geschickt. Es war mein Fehler.»

Bolitho schuttelte den Kopf.»Nein. Ein paar von den Feinden sind gezielt in unsere Linien eingedrungen, um Gefangene zu machen. «Er steckte den Degen in die Scheide, wobei er feststellte, da? der Griff vollig blutverschmiert war. Seufzend versuchte er, Ordnung in seine jagenden Gedanken zu bringen; aber er empfand immer noch das Grauen des wilden und erbitterten Kampfes Mann gegen Mann. Er sah Gesichter vor sich, horte Schreie und Stohnen.

War es diesen ungeheuren Preis wert gewesen?

Und morgen, nein, heute wurde all das noch einmal von vorn anfangen.

Er horte Quinn sagen:»Sie brauchen mehr Pulver fur die Kanonen! Kannst du das erledigen?»

Eine anonyme Gestalt in kariertem Hemd und wei?er Hose eilte von dannen, um seinen Befehl zu ubermitteln.

Quinn blickte ihn an.»Wenn du Major Paget Bericht erstatten willst, dann bleibe ich hier und beaufsichtige das. «Wartend beobachtete er Bolithos angestrengtes Gesicht und fugte hinzu:»Ich kann es, wirklich!»

Bolitho nickte.»Ich ware dir dankbar, James. Bin gleich wieder zuruck.»

Jetzt lie? sich Stockdale vernehmen:»Ohne Rowhurst brauchen Sie einen guten Geschutzfuhrer, Sir. «Er lachelte Quinn ermutigend zu:»Weiterhin so viel Erfolg, Sir!»

Bolitho bahnte sich durch Gruppen von Verwundeten einen Weg ins Fort. Jede r von ihnen war ein kleines Eiland des Schmerzes im Schein der Laternen. Das Tageslicht wurde ihnen erst den vollen Umfang dessen eroffnen, was sie erlitten hatten.

Paget stand in seiner Stube, und obgleich Bolitho wu?te, da? er die Verteidigung vom ersten Augenblick an uberwacht und personlich geleitet hatte, sah er aus, als hatte er den Raum kein einziges Mal verlassen.

Jetzt sagte er zu Bolitho:»Naturlich werden wir den Damm heute nacht auch weiterhin halten. «Er zeigte mit einladender Geste auf eine Weinflasche.»Morgen werden wir jedoch die Evakuierung einleiten. Wenn das Schiff kommt, schicken wir als erstes die Verwundeten an Bord und diejenigen, die wahrend der Nacht Wache gestanden haben. Uns bleibt keine Zeit mehr fur Bluff. Da sie Gefangene von uns haben, wissen sie auch, was wir planen.»

Bolitho lie? den Wein genu?lich durch seine Kehle rinnen. Gott, das schmeckte gut! Besser als alles, was er je gekostet hatte.

«Was machen wir, wenn das Schiff nicht kommt, Sir?»

«Nun, das wurde die Sache vereinfachen. «Paget musterte ihn kalten Blickes.»Dann jagen wir das Fort in die Luft und kampfen uns durch. «Er lachelte kurz.»Aber es wird nicht dazu kommen.»

«Ah, ich verstehe, Sir. «Tatsachlich verstand er nichts.

Paget warf ein paar Schriftstucke durcheinander.»Sie sollten jetzt schlafen, eine Stunde wenigstens. «Er hob die Hand.»Das ist ein Befehl! Sie haben gute Arbeit geleistet, und ich danke Gott, da? dieser Narr Probyn sich anders entschieden hat und nicht hiergeblieben ist.»

«Ich mochte noch Mr. Quinn lobend erwahnen, Sir. «Der Major verschwamm bereits vor seinen Augen.»Und die beiden Fahnriche. Sie sind alle sehr jung.»

Paget pre?te die Fingerspitzen zusammen und betrachtete ihn, ohne zu lacheln.»Nicht so alter Krieger wie Sie, was?»

Bolitho nahm seinen Hut und ging zur Tur. Bei Paget wu?te man sofort, woran man war. Er hatte ihn zum Schlafen abkommandiert, und der Gedanke daran lie? ihn gleich die Augen schlie?en und sich hinlegen.

Gleichzeitig wu?te er auch den wahren Grund von Pagets Fursorge: Jemand mu?te zuruckbleiben und die Zundschnur anstekken. Das erforderte ein gewisses Ma? an Geschicklichkeit.

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