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Zerfetzte Flaggen: Leutnant Richard Bolitho in der Karibik - Kent Alexander - Страница 21


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Die neue Revolutionsregierung hatte den Konig provoziert, das sollte ihm eigentlich genugen. Aber bei ruhiger Uberlegung stieg oft der Wunsch in ihm hoch, da? die Menschen, gegen die er kampfte, die er sterben sah, nicht in seiner Muttersprache, ja haufig in seinem eigenen Dialekt rufen oder schreien mochten.

Ein paar Mowen umkreisten aufmerksam die unruhigen Masten und lie?en sich dann willig vom Wind landeinwarts zu ergiebigeren Futterplatzen tragen.

Sparke befahl:»Wechseln Sie die Ausguckposten aus und lassen

Sie einen Mann auch seewarts Ausschau halten. «In dem heller werdenden Licht wirkte er noch dunner, das nasse Hemd und die Kniehose klebten an seinem mageren Korper und glanzten wie Schlangenhaut.

Ein winziger Strahl wasserigen Sonnenlichts blinzelte vorsichtig durch die Wolken, das erste, das Bolitho seit Tagen gesehen hatte. Bald wurden von Land aus die Fernglaser auf sie gerichtet sein. Er fragte:»Soll ich das Gro?segel hissen lassen?»

«Ja. «Sparke nestelte an seinem Degengriff.

Die Seeleute holten keuchend Piek- und Klaufall durch. Vom Regenwasser gequollen, liefen die Trossen nur muhsam durch ihre Blocke, bis sich das nasse Gro?segel endlich lose flappend von seinem Baum erhob, und der rote Flicken im schwachen Sonnenlicht leuchtete.

Der Schoner ri? und zerrte an der Ankerkette wie ein Pferd, das Zugel und Gebi? erprobt.»Boot an Steuerbord, Sir!»

Bolitho sah es, anscheinend dasselbe Dory wie vorher. Mit kraftigen Riemenschlagen wurde es durch die Stromung getrieben. Unwahrscheinlich, da? jemand an Bord die Besatzung der Faithful kannte, sonst ware der rote Erkennungsflicken uberflussig gewesen. Der Anblick des Schoners mu?te den Leuten genugen. Bolitho wu?te aus seiner Kindheit, wie die Schmuggler der Cornwallkuste mit der Gezeitenstromung unter Land kamen und oft nur wenige Meter vom wartenden Zollboot entfernt sich mit den Booten verstandigten, haufig nur durch einen kurzen Pfiff.

Aber irgend jemand wu?te genau Bescheid. Irgendwo zwischen Washingtons Armee und der wachsenden amerikanischen Flotte sa?en die Verbindungsleute, zogen die unsichtbaren Drahte, arrangierten hier ein Rendezvous, knupften dort einen Verrater auf.

Bolitho beobachtete Stockdale und war von seiner Ruhe beeindruckt, als er jetzt an die Reling ging und zum Vorschiff winkte. Im selben Augenblick schwangen zwei Seeleute ein Drehgeschutz herum.

«Zuruckbleiben dort unten!«befahl der falsche Kapitan mit rauher Stimme.

Moffitt trat neben ihn und rief durch die trichterformig gehaltenen Hande:»Was wollt ihr von uns?»

Das Boot dumpelte in der kabbeligen See, die Ruderer beugten sich uber ihre Riemen, der Regen prasselte auf ihre Schultern.

Der Mann an der Pinne rief zuruck:»Cap'n Tracy?»

Stockdale hob die Schultern.»Moglich!»

Sparke sagte leise:»Sie sind nicht mal sicher, seht euch diese bloden Hunde an!»

Bolitho wandte dem Land den Rucken zu, er meinte fast korpe r-lich die vielen auf sie gerichteten Fernglaser zu spuren, die einen nach dem anderen aufs Korn nahmen.

Das Boot steuerte jetzt langsam naher heran.»Wo kommt ihr her?»

Moffitt blickte Sparke an, der kurz nickte. Da schrie Moffitt:»Drau?en kreuzt ein britisches Kriegsschiff! Wir warten nicht mehr lange! Habt ihr denn gar keinen Mumm?»

Frowd bemerkte:»Das genugt. Jetzt kommen sie.»

Die Erwahnung der britischen Korvette sowie Moffitts amerikanischer Tonfall hatten offensichtlich mehr bewirkt als der rote Flik-ken.

Das Dory schor langsseit, und ein Seemann machte die Fangleine fest. Stockdale blickte in das Boot hinunter und sagte dann in einem vollig ungezwungenen Tonfall, den Bolitho noch nie bei ihm gehort hatte:»Sagen Sie Ihrem Anfuhrer, er soll an Bord kommen. Ich bin noch nicht uberzeugt. «Er blickte zu den Offizieren hin, und Bo-litho nickte kurz.

Sparke zischte:»Haltet ihn auf alle Falle von dem Neunpfunder fern!«Und dann, an Balleine gewandt:»Fangt an mit dem Offnen der Ladeluken.»

Bolitho sah zu, wie der Mann vom Boot heraufkletterte, und stellte sich das Deck mit dessen Augen gesehen vor. Wenn jetzt etwas schiefging, dann war alles, was sie als Ausbeute vorzuweisen hatten, ein Dory und funf Tote.

Der Fremde auf dem schwankenden Deck war stammig, aber sehr beweglich fur sein Alter. Er hatte dichtes, graues Haar und Bart, seine Kleidung war so grob zusammengenaht wie die eines Waldlaufers.

Er musterte Stockdale ruhig und sagte:»Ich bin Elias Haskett. «Dann, nachdem er noch einen Schritt naher getreten war:»Sie sind nicht der Tracy, den ich kenne. «Es klang nicht herausfordernd, sondern mehr wie eine Feststellung.

Moffitt erklarte:»Dies ist Kapt'n Stockdale. Wir haben die Faithful auf Kapt'n Tracys Anweisung hin ubernommen. «Er lachelte vielsagend und fuhr dann fort:»Tracy fuhrt jetzt eine ebenso schone Brigg wie sein Bruder.»

Elias Haskett schien uberzeugt.»Wir haben euch erwartet, aber es war nicht einfach. Die Rotrocke haben ihre Wachen uber das ganze Land verteilt, und das Schiff, von dem ihr gesprochen habt, kreuzt schon seit Wochen vor der Kuste. «Er blickte hinuber zu den anderen, seine Augen blieben einen Moment an Sparke hangen.

Moffitt warf ein:»Fast alles neue Leute, britische Deserteure. Ihr wi?t ja, wie das geht.»

«Klar. «Haskett wurde geschaftlich.»Bringt ihr gute Ladung?»

Balleine und ein paar andere hatten die Lukenpersennings abgenommen, und Haskett trat an den Sull, um hinunterzuspahen.

Bolitho sah die Szene und die Darsteller wechseln, genau wie sie es geubt hatten. Der erste Akt war zu Ende. Jetzt sah er Rowhurst, den Geschutzfuhrer, heranschlendern und sich neben Haskett stellen, die Hand auf seinem Dolch. Ein Zeichen von Mi?trauen, und Haskett war fur immer stumm.

Bolitho blickte einem Seemann uber die Schulter und versuchte, nicht an die Seesoldaten zu denken, die in einem hastig gezimmerten Verschlag unter dem doppelten Boden zusammengepfercht warteten. Von Deck aus schien es, als sei der Laderaum voller Pulverfasser, aber in Wirklichkeit war es nur eine einzige Schicht, und nur zwei der Fasser waren gefullt. Jetzt brauchte lediglich einer der Soldaten zu niesen, und alles war aus.

Moffitt kletterte hinunter und bemerkte gelassen:»Ein guter Fang. Wir haben zwei vom Konvoi abgedrangt. Da unten liegen Musketen und Bajonette und auch rund tausend Schu? Neunpfun-dermunition.»

Bolitho wollte schlucken oder sich rauspern, seine Kehle war wie ausgedorrt. Moffitts Rolle klappte perfekt. Er spielte nicht, er war der pfiffige Maat eines Freibeuters, der genau wu?te, was er wollte.

Haskett sagte zu Stockdale:»Ich werde das Signal hei?en. Die Boote liegen dort druben versteckt. «Er zeigte vage zum Ufer, wo ein paar Baume mit fast bis aufs Wasser hangenden Zweigen standen. Es konnte der Eingang zu einer kleinen Bucht sein.

«Und was ist mit der britischen Korvette?«Moffitt blickte kurz zu Sparke hinuber.

«Die braucht einen halben Tag bis hierher, und ich habe dort oben ein paar gute Ausgucksposten aufgestellt, von da konnen sie alles ubersehen.»

Bolitho staunte, als Haskett jetzt geschickt einen kleinen, roten Wimpel ansteckte und am Fockmast hi?te. Er war offensichtlich kein Neuling auf See, wie er auch gekleidet sein mochte.

Plotzlich horte er den erstaunten Ausruf eines Seemanns und sah, wie sich ein Teil des einen Baumes vom Land loste. Dann stellte er zu seiner Verwunderung fest, da? es ein plumper Kutter mit Loffelbug war, der Mast und Rah mit Zweigen und Stechginster getarnt hatte. Sein schwerer Rumpf wurde jetzt langsam, aber sicher von langen Riemen vorwartsgetrieben. In seinem Kielwasser folgte ein Kutter gleicher Bauart. Sie schienen hollandischen Ursprungs, stammten moglicherweise von deren Inseln in der Karibik.

Bolitho wu?te, da? Sparke mit nur einem Fahrzeug gerechnet hatte, allenfalls mit einigen kleineren Leichtern oder Ruderbooten. Jeder dieser beiden Kutter jedoch war fast so gro? wie die Faithful selbst, dazu schwer wie ein Sturmbock.

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