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Kanonenfutter - Leutnant Bolithos Handstreich in Rio - Kent Alexander - Страница 10


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«Mehr Leute an die Luv-Fockbrassen! Schreiben Sie den Mann auf, Mr. Slade! Lassen Sie den Anker festzurren — Beeilung jetzt!»

Pallisers Stimme war uberall. Als der Anker tropfend unter dem Kranbalken hing und schnell beigeholt und festgezurrt wurde, damit er nicht gegen die Bordwand schlug, wurden die damit beschaftigten Leute von Pallisers alles ubertonendem Sprachrohr schon wieder anderswohin kommandiert.»Setzt Fock und Gro?segel!»

Die beiden gro?ten Segel des Schiffes entfalteten sich an ihren Rahen und blahten sich in dem frischen Wind wie eiserne Brustpanzer. Bolitho machte eine kleine Pause, um Atem zu holen und seinen Hut zurechtzurucken. Die Landschaft, durch die er auf der Suche nach Freiwilligen gestreift war, lag querab in Lee, wahrend der Bug der Destiny auf die enge Ausfahrt wies, hinter der die offene See wie ein riesiges graues Feld auf sie wartete.

Manner kampften mit verheddertem Tauwerk, uber sich das Quietschen der Blocke, als Brassen und Schoten statt der Muskeln nun den Kampf gegen Wind, Seegang und die wachsende Pyramide aus Leinwand aufnahmen.

Dumaresq hatte sich anscheinend uberhaupt nicht bewegt. Das Kinn im Halstuch vergraben, beobachtete er das Ufer, das an ihnen vorbeiglitt.

Bolitho wischte sich ein paar Wassertropfen — war es Regen oder salzige Gischt? — aus den Augen. Er war aufgeregt und freute sich plotzlich, da? er dazu noch fahig war.

Durch die enge Ausfahrt ging es in den Sund hinaus, wo Drake einmal der spanischen Armada aufgelauert hatte, wo schon hundert

Admirale Plane geschmiedet hatten, die uber ihre nachste Zukunft entscheiden sollten. Wohin hatte das alles gefuhrt?» Lotgast in die Luv-Rusten, Mr. Slade!»

Bolitho merkte jetzt, da? er auf einer Fregatte war. Hier gab es kein vorsichtiges Abwagen, keine behabigen Manover. Dumaresq wu?te, da? viele Augen an Land sie selbst zu dieser fruhen Stunde beobachteten. Er wurde so nahe an die Landzunge herangehen wie moglich, mit nur knapp einem Faden Wasser zwischen Kiel und Katastrophe. Er hatte den richtigen Wind und das Schiff, mit dem er dies riskieren konnte.

Hinter sich horte Bolitho, wie Merrett sich ubergab, und hoffte, Pal-liser wurde es nicht bemerken.

Stockdale scho? die Leine um Handballen und Ellenbogen auf, als sei er es von jung auf nicht anders gewohnt. Gegen seine kraftigen Unterarme wirkte die dicke Leine wie Kabelgarn. Er brummte mit seiner heiseren Stimme:»Jetzt bin ich frei, so frei, wie ich's mir wunsche.»

Bolitho antwortete nicht, denn er erkannte, da? der in vielen Kampfen ausgelaugte Boxer zu sich selber gesprochen hatte.

Pallisers Stimme weckte ihn wie ein Peitschenhieb.»Mr. Bolitho! Ich sage Ihnen schon jetzt, da? ich die Bramsegel gesetzt haben mochte, sowie wir durch die Enge sind. Damit haben Sie Zeit, Ihren Traum zu beenden und sich wieder um Ihren Dienst zu kummern, mein Herr!»

Bolitho beruhrte seinen Hut und nickte seinen Unteroffizieren zu. Palliser war in Ordnung, so lange sie sich in der Messe befanden. Aber an Deck war er ein Tyrann.

Merrett hatte sich uber die Kanone gebeugt und erbrach sich in den Wassergang.

«Verdammt noch mal, Mr. Merrett! Machen Sie das blo? schon sauber, bevor Sie abtreten. Und rei?en Sie sich zusammen!«Bolitho wandte sich ab, aufgebracht und gleichzeitig uber sich selber erstaunt. Pallisers Art war offenbar ansteckend.

III Jaher Tod

Die Woche nach dem Auslaufen der Destiny aus Plymouth wurde die arbeitsreichste und anstrengendste in Bolithos jungem Leben.

Sobald sie frei von Land waren, lie? Dumaresq so viele Segel setzen, wie sein Schiff bei dem standig zunehmenden Wind ohne Gefahr tragen konnte. Das Leben war nun begrenzt auf einen Alptraum aus bei?endem, eiskaltem Spruhwasser, das sich in wilden Kaskaden immer dann uber sie ergo?, wenn die Fregatte, aus einem Wellental auftauchend, den nachsten haushohen Wellenberg anschnitt. Es schien niemals zu enden. Seit Tagen steckten sie in nassen Kleidern, die zu trocknen keine Gelegenheit war, und a?en das, was der Smutje bei dem Wetter mit Muhe zustande und heil nach achtern brachte, wo sie es moglichst schnell hinunterschlangen.

Einmal, als Rhodes Bolitho auf Wache abloste, schrie er ihm uber das Getose wild schlagender Leinwand und tobender See ins Ohr:»Das ist typisch fur unseren > Herrn und Meisten: Er treibt das Schiff bis an die Grenze und pruft dabei jeden Mann auf Herz und Nieren. «Er duckte sich, als ein neuer Schauer eiskalten Spruhwassers uber sie hinwegzog.»Die Offiziere pruft er dabei naturlich auch, das wollen wir nicht vergessen.»

Die Stimmung an Bord war gereizt, und ein- oder zweimal flackerte Ungehorsam auf, der aber durch die kraftigen Fauste eines Maates oder die Drohung mit offizieller Meldung und Auspeitschen unterdruckt wurde.

Der Kommandant war viel an Deck und ging ruhelos zwischen Kompa? und Kartenraum hin und her, wobei er ihr Vorankommen mit Gulliver, dem Master, oder mit dem Ersten Offizier besprach.

Nachts war es noch schlimmer. Bolitho kam es vor, als ware es ihm noch kein einziges Mal gelungen, den Kopf wahrend der Freiwache in sein muffiges Kopfkissen zu vergraben, bevor ihn nicht ein heiserer» Alle-Mann«-Ruf wieder aufstorte.»Alle Mann! Ein Reff ins Marssegel!»

In solchen Augenblicken erkannte Bolitho den Unterschied: Auf einem Linienschiff hatte er sich mit den ubrigen nach einem solchen Kommando in die Masten arbeiten und seine Schwindelanfalle niederkampfen mussen, ohne die anderen etwas von seiner Angst merken zu lassen. Aber wenn er es dann geschafft hatte, war es vorbei. Jetzt, als Offizier, kam dagegen alles so, wie Dumaresq vorausgesagt hatte,

Mitten im heftigsten Sturm, gegen den die Destiny in der Biskaya ankreuzte, kam der Befehl, ein weiteres Reff einzustecken. Es war eine Nacht ohne Mond und Sterne, sie sahen lediglich eine sich immer neu aufturmende, wei?gekronte Wasserwand. Sie brachte ihnen zu Bewu?tsein, wie winzig ihr Schiff in Wirklichkeit war.

Die Manner taumelten auf ihre Stationen, benommen von der nicht enden wollenden, harten Arbeit und halb blind vom Salzwasser, das sie unaufhorlich ubergo?. Zogernd arbeiteten sie sich die vibrierenden Webeleinen hinauf und legten auf den Marsrahen aus. Die Destiny lag so stark nach Lee uber, da? es schien, als tauche sie mit der Nock ihrer Gro?rah in die brechenden Wellenkamme ein.

Forster, befehlshabender Deckoffizier am Gro?mast und Bolithos rechte Hand, hatte ihm zugerufen:»Dieser Mann hier will nicht nach oben, ums Verrecken nicht!»

Bolitho, der sich an einem Stag festhielt, um nicht weggerissen zu werden, schrie zuruck:»Dann gehen Sie, um Himmel willen, selber, Forster! Wenn Sie nicht oben sind, passiert Gott wei? was!«Dabei schaute er zu den ubrigen Leuten hinauf, wahrend der Sturm unaufhorlich jaulte und schrie wie ein Lebewesen, das sich an ihrer Qual weidete.

Jury war mit oben gewesen und beim Hinabklettern von der Macht des Windes an die Wanten gepre?t worden. Am Fockmast hatten sie die gleichen Probleme mit Menschen und Tauwerk, Segeln und Rahen, wahrend das Schiff sein Moglichstes tat, sie alle in die tobende See zu schleudern.

Da erinnerte sich Bolitho, was Forster ihm zugerufen hatte. Der Befehlsverweigerer starrte ihn trotzig an, eine magere Gestalt in halb zerrissenem kariertem Hemd und Seemannshose.

«Was ist los mit Ihnen?«Bolitho mu?te schreien, um sich in dem Getose verstandlich zu machen.

«Ich kann nicht!«schrie der Mann zuruck und schuttelte wild den Kopf.»Kann nicht!»

Gerade kampfte sich Little fluchend vorbei und schleppte mit dem Bootsmann neues Tauwerk als Reserve fur den Gro?mast heran.

Er brullte:»Ich hieve ihn personlich nach oben, Sir!«Bolitho aber rief dem Matrosen zu:»Helfen Sie unter Deck an den Pumpen!»

Zwei Tage danach wurde der Mann als verschwunden gemeldet. Eine sorgfaltige Durchsuchung des Schiffes blieb ergebnislos.

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