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Faust - Goethe Johann Wolfgang - Страница 19


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STRAßE (I)

Faust. Margarete vorübergehend.

FAUST:

Mein schönes Fräulein, darf ich wagen,

Meinen Arm und Geleit Ihr anzutragen?

MARGARETE:

Bin weder Fräulein, weder schön,

Kann ungeleitet nach Hause gehn.

(Sie macht sich los und ab.)

FAUST:

Beim Himmel, dieses Kind ist schön!

So etwas hab ich nie gesehn.

Sie ist so sitt — und tugendreich,

Und etwas schnippisch doch zugleich.

Der Lippe Rot, der Wange Licht,

Die Tage der Welt vergeß ich's nicht!

Wie sie die Augen niederschlägt,

Hat tief sich in mein Herz geprägt;

Wie sie kurz angebunden war,

Das ist nun zum Entzücken gar!

Mephistopheles tritt auf.

FAUST:

Hör, du mußt mir die Dirne schaffen!

MEPHISTOPHELES:

Nun, welche?

FAUST:

Sie ging just vorbei.

MEPHISTOPHELES:

Da die? Sie kam von ihrem Pfaffen,

Der sprach sie aller Sünden frei

Ich schlich mich hart am Stuhl vorbei,

Es ist ein gar unschuldig Ding,

Das eben für nichts zur Beichte ging;

Über die hab ich keine Gewalt!

FAUST:

Ist über vierzehn Jahr doch alt.

MEPHISTOPHELES:

Du sprichst ja wie Hans Liederlich,

Der begehrt jede liebe Blum für sich,

Und dünkelt ihm, es wär kein Ehr

Und Gunst, die nicht zu pflücken wär;

Geht aber doch nicht immer an.

FAUST:

Mein Herr Magister Lobesan,

Laß Er mich mit dem Gesetz in Frieden!

Und das sag ich Ihm kurz und gut:

Wenn nicht das süße junge Blut

Heut Nacht in meinen Armen ruht,

So sind wir um Mitternacht geschieden.

MEPHISTOPHELES:

Bedenkt, was gehn und stehen mag!

Ich brauche wenigstens vierzehn Tag,

Nur die Gelegenheit auszuspüren.

FAUST:

Hätt ich nur sieben Stunden Ruh,

Brauchte den Teufel nicht dazu

So ein Geschöpfchen zu verführen.

MEPHISTOPHELES:

Ihr sprecht schon fast wie ein Franzos;

Doch bitt ich, laßt's Euch nicht verdrießen:

Was hilft's, nur grade zu genießen?

Die Freud ist lange nicht so groß,

Als wenn Ihr erst herauf, herum

Durch allerlei Brimborium,

Das Püppchen geknetet und zugericht't

Wie's lehret manche welsche Geschicht.

FAUST:

Hab Appetit auch ohne das.

MEPHISTOPHELES:

Jetzt ohne Schimpf und ohne Spaß:

Ich sag Euch, mit dem schönen Kind

Geht's ein für allemal nicht geschwind.

Mit Sturm ist da nichts einzunehmen;

Wir müssen uns zur List bequemen.

FAUST:

Schaff mir etwas vom Engelsschatz!

Führ mich an ihren Ruheplatz!

Schaff mir ein Halstuch von ihrer Brust,

Ein Strumpfband meiner Liebeslust!

MEPHISTOPHELES:

Damit Ihr seht, daß ich Eurer Pein

Will förderlich und dienstlich sein'

Wollen wir keinen Augenblick verlieren,

Will Euch noch heut in ihr Zimmer führen.

FAUST:

Und soll sie sehn? sie haben?

MEPHISTOPHELES:

Nein! Sie wird bei einer Nachbarin sein.

Indessen könnt Ihr ganz allein

An aller Hoffnung künft'ger Freuden

In ihrem Dunstkreis satt Euch weiden.

FAUST:

Können wir hin?

MEPHISTOPHELES:

Es ist noch zu früh.

FAUST:

Sorg du mir für ein Geschenk für sie!

(Ab.)

MEPHISTOPHELES:

Gleich schenken? Das ist brav! Da wird er reüssieren!

Ich kenne manchen schönen Platz

Und manchen altvergrabnen Schatz;

Ich muß ein bißchen revidieren.

(Ab.)

ABEND

Ein kleines reinliches Zimmer

MARGARETE (ihre Zöpfe flechtend und aufbindend.)

Ich gäb was drum, wenn ich nur wüßt,

Wer heut der Herr gewesen ist!

Er sah gewiß recht wacker aus

Und ist aus einem edlen Haus;

Das konnt ich ihm an der Stirne lesen —

Er wär auch sonst nicht so keck gewesen.

(Ab.)

MEPHISTOPHELES:

Herein, ganz leise, nur herein!

FAUST (nach einigem Stillschweigen):

Ich bitte dich, laß mich allein!

MEPHISTOPHELES (herumspürend):

Nicht jedes Mädchen hält so rein.

(Ab.)

FAUST (rings aufschauend):

Willkommen, süßer Dämmerschein,

Der du dies Heiligtum durchwebst!

Ergreif mein Herz, du süße Liebespein,

Die du vom Tau der Hoffnung schmachtend lebst!

Wie atmet rings Gefühl der Stille,

Der Ordnung, der Zufriedenheit!

In dieser Armut welche Fülle!

In diesem Kerker welche Seligkeit!

(Er wirft sich auf den ledernen Sessel am Bette.)

O nimm mich auf, der du die Vorwelt schon

Bei Freud und Schmerz im offnen Arm empfangen!

Wie oft, ach! hat an diesem Väterthron

Schon eine Schar von Kindern rings gehangen!

Vielleicht hat, dankbar für den heil'gen Christ

Mein Liebchen hier, mit vollen Kinderwangen,

Dem Ahnherrn fromm die welke Hand geküßt.

Ich fühl o Mädchen, deinen Geist

Der Füll und Ordnung um mich säuseln,

Der mütterlich dich täglich unterweist

Den Teppich auf den Tisch dich reinlich breiten heißt,

Sogar den Sand zu deinen Füßen kräuseln.

O liebe Hand! so göttergleich!

Die Hütte wird durch dich ein Himmelreich.

Und hier!

(Er hebt einen Bettvorhang auf.)

Was faßt mich für ein Wonnegraus! Hier möcht ich volle Stunden säumen.

Natur, hier bildetest in leichten Träumen

Den eingebornen Engel aus!

Hier lag das Kind! mit warmem Leben

Den zarten Busen angefüllt,

Und hier mit heilig reinem Weben

Entwirkte sich das Götterbild!

Und du! Was hat dich hergeführt?

Wie innig fühl ich mich gerührt!

Was willst du hier? Was wird das Herz dir schwer?

Armsel'ger Faust! ich kenne dich nicht mehr.

Umgibt mich hier ein Zauberduft?

Mich drang's, so grade zu genießen,

Und fühle mich in Liebestraum zerfließen!

Sind wir ein Spiel von jedem Druck der Luft?

Und träte sie den Augenblick herein,

Wie würdest du für deinen Frevel büßen!

Der große Hans, ach wie so klein!

Läg, hingeschmolzen, ihr zu Füßen.

MEPHISTOPHELES (kommt):

Geschwind! ich seh sie unten kommen.

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